Die Sache mit der unglaublichen Nettigkeit

Wenn ihr diesen Eintrag lest, schlafe ich wahrscheinlich gerade auf dem Weg von Chiang Mai nach Bangkok 😉

Zuerst mal 3 Erlebnisse die mich sehr geprägt haben:

– Im Zug von Pak Chong nach Ayutthaya, ohne Infos/Durchsagen wo der Zug jetzt hält, hatte ich ein paar Bedenken, das ich rechtzeitig an der richtigen Haltestelle aussteige. Da ich in einem Abteil – nur mit Einheimischen – saß und immer wieder aus dem Fenster schaute, wo der Zug gerade war – viel ich dementsprechend auf. Auf einmal kam der Schaffner durch den Zug gesprungen, nur um mir mit einem lächeln mit zu teilen, das der nächste Halt Ayutthaya war. Er wusste es ja, da er mein Ticket kontrolliert hatte. Nachdem er dann weiter ging, hat ein sehr alter Mann der mir schräg gegenüber saß und mich schon die halbe Fahrt anlächelte (vor allem so leicht genervt, wenn die fliegenden Händler singend durch den Zug liefen und ihre Waren anboten) per Zeichen zu verstehen gegeben, das er auch dort aussteigen muss und mich „mit nimmt“. So war es dann, der Zug fuhr in den Bahnhof ein, und der Mann wollte das ich vor ihm lief, damit ich die Haltestelle nicht verpasse.

– Als Lisa und ich in Bangkok den Bus benutzt haben um vom Markt wieder zum Hotel zu kommen, erwischten wir wahrscheinlich einen der Gratis-Busse in Bangkok. Diese Busse sind für die Einheimischen um von der Arbeit/Markt etc. nach Hause zu kommen. Es gibt daher viele billige, aber auch ein paar die umsonst sind (Laut Reiseführer jedenfalls). Auf jeden Fall standen wir im Zug, da dieser um die Nachmittagszeit sehr voll war. Als dann eine ältere Frau einstieg verlass SOFORT ein Mann seinen Platz und stand, damit sie sich setzen konnte. Der junge Mann hat nicht mal nachgedacht, nur reagiert.

 – Wie im vorherigen Blog geschrieben, das Erlebnis mit dem Polizisten… Mitten dabei gerade etwas aufzuschreiben, an einer größeren Straßenkreuzung fragte ich ihn ca. 800m vom Bahnhof entfernt, ob ich auf diesem Weg richtig bin. Er beantwortete diese Frage mit wunderbarem Englisch und lächelte mich an. Dann öffnete er die Beifahrertür und gab mir zu verstehen das ich einsteigen solle. Ohne auch nur meine Antwort abzuwarten stieg er auf seiner Seite ein und wartete auf mich. Ich stieg ein, und er fuhr mich direkt vor den Bahnhof.

Natürlich gibt es hunderte von kleinen Momenten in den letzten Tagen die mich sehr fasziniert, gewundert oder bewegt haben… aber solche Momente wie die oben lassen mich immer wieder fragen, warum ist das bei uns nicht so? Vor allem in Deutschland wird immer auf hohem Niveau gejammert… Doch keiner tut was. Hier in Thailand sind die Menschen so verdammt freundlich. Ja, böse Zungen mögen sagen – es liegt am Geld, das sie den Touristen aus der Tasche ziehen. Aber begebt euch mal in Gegenden an denen der Tourismus nicht so Einzug gehalten hat. Gerade die „Holzklasse“ im Zug, irgendwelche Seitenstraßen mit Märkten, usw… Hier werdet ihr sogar oft belohnt wenn ihr den Menschen ein Lächeln schenkt. Ich habe schon an einer Garküche am Straßenrand etwas zum Probieren bekommen, weil ich einfach lächelnd Guten Tag auf Thai gesagt habe und sie dabei mit zusammengefalteten Händen „geehrt“ habe.

 Ich beschreibe es gern so: In Thailand gibst Du jemandem 10 Baht … das sind 0,25€ … und er freut sich sehr darüber. In Deutschland schenkst Du jemandem 20€… und er fragt ob er es in 2 x 10€ Scheinen haben kann… Verstanden was ich meinte? Dieser Unterschied von Dankbarkeit…

Fesseln der Neuzeit…

Heute im Zug von Pak Chong nach Ayutthaya, bei dem ich bewusst das billigste Ticket gewählt habe, hatte ich viel Zeit zum Nachdenken… Hier in einem anderen Land, abgeschnitten vom „Internet“ bzw. kein aktiviertes Roaming 😀 kann mich fast kein Mensch erreichen. Nur ein paar wenige haben meine Nummer meiner Thailändischen Sim bzw. Kontakte ich über dieses Handy… aber diese Informationsgewalt ist weg. Ich weis gerade nicht was in Deutschland los ist, ich weis nicht wer mit wem Schluss gemacht hat, oder wer in Urlaub geflogen ist… Ich kann euch sagen, das tut so verdammt gut!

Dank unserer vernetzten Welt, kann jeder zu fast jederzeit erreichbar sein. Daher wird es schon vorausgesetzt. Leider! Das beste Beispiel ist momentan bei Whatsapp zu sehen. Whatsapp hat ja die blauen Häkchen eingesetzt um zu signalisieren, dass der jenige die Nachricht gelesen hat. Doch statt sich zu freuen „endlich“ zu wissen ob die Nachricht auch wirklich angekommen ist beim Empfänger, oder nur im Handy verweilt, regen sich scharenweise Menschen darüber auf? „Ja, jetzt zählen keine Ausreden mehr, das Du die Nachricht gelesen hast, aber nicht antwortest“ … Solche Kommentare lese ich darüber und denke mir nur… Warum überhaupt Ausreden suchen? Ich mein, darf der jenige nicht selbst entscheiden, ob, wann und was er antwortet? Nimmt man einem die Entscheidungsfähigkeit wenn man jemandem schreibt? Nein… Ich schreibe z.B. ungern während dem Fahren eine Nachricht, wenn ich mit jemandem wichtigen schreibe und die Nachricht etwas mehr Text bedarf, oder wenn ich gerade im Meeting bin/war, oder wenn ich gerade müde im Bett liege, auf einer Party bin, im Kino einen Film ansehe… Warum muss ich sofort antworten? Weil unsere Gesellschaft es, aufgrund der „Jeder kann jederzeit erreichbar sein“ Vernetzung es will!

 Raus aus dem Trott! Schaltet mal einfach euer Handy aus, wenn ihr Ruhe wollt. Dann kommt man nicht in Versuchung. Schaltet einfach den Signalton und die Vibration aus, schon hört man nicht mehr jeden Ton. Ja, es ist wie eine Sucht, man muss das Handy in der Hand halten, schauen usw… Aber genau so verliert man auch viele Sozialpunkte im Leben… Wie oft bin ich mit dem Handy in der Hand und das Gesicht aufs Display gerichtet „blind“ durch die Gegend gelaufen… und wie viel sehe, erlebe und erfahre ich seit dem ich hier bin & das Handy die meiste Zeit in der Tasche habe, weil eben nicht alle 5min jemand schreiben kann… Es ist so verdammt wertvoll im Moment zu sein. Wenn Du an einem einzigartigen Moment vorbeirauscht, kannst Du ihn nicht wieder holen.